Ethereum (ATH) + Lending = Finanzamt?

04.01.2021

eben Bitcoin hat auch Ethereum in kürzester Zeit extrem in Richtung Allzeithoch (ATH) zugelegt. Neben Kursteigerungen versuchen viele Privatanleger durch Crypto Loans bzw. Krypto Lending und andere Maßnahmen ihre Vermögensanlage zu optimieren. Dass das Verleihen von Ethereum jedoch steuerlich keine gute Idee sein kann, zeigt der nachfolgende Artikel. 

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www.pexels.com | David McBee

 

Einführung

Das Verleihen von Kryptowährungen hat einen erheblichen Anteil an den Decentralized Finance (DeFi) Plattformen. Die Idee dahinter ist einfach: durch das Verleihen einer Kryptowährung auf eine bestimmte Zeit können im Gegenzug Kapitalerträge meistens in Form der verliehenen Kryptowährung generiert werden.

 

Besteuerung der Kapitalerträge

Mittlerweile herumgesprochen hat sich, dass der Bezug dieser Kapitalerträge steuerpflichtig ist. Die steuerliche Einordnung ist indes nicht abschließend geklärt.
 

Einerseits könnte es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) handeln. Auf diese Einkünfte wäre nach Abzug eines pauschalen Werbungskostenbetrags in Höhe von 801 Euro (Ledige) und 1.602 Euro (Verheiratete) der Abgeltungssteuersatz von 25 % fällig.

Alternativ könnten diese Kapitalerträge als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG anzusehen sein. Hier besteht eine Freigrenze (kein Freibetrag) von 255 Euro pro Kalenderjahr. Bei einem Kapitalertrag von 256 Euro oder mehr wäre der volle Betrag mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern.

 

Verlängerung der steuerlichen Spekulationsfrist auf 10 Jahre

Derzeit ist steuerliche jedoch deutlich relevanter die Frage, ob das Lending von Kryptowährungen, wie z.B. Ethereum, zu einer Verlängerung der steuerlichen Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG von einem Jahr auf 10 Jahre führt.

Diese Frage ist rechtlich nicht geklärt. Meiner Erfahrung ist aber davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung im Wege einer profiskalischen Auslegung das Lending als Nutzung der Kryptowährung zu einer Einkunftsquelle nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG ansieht. Dies hätte zur Konsequenz, dass eine steuerfreie Veräußerung der zum Lending genutzten Kryptowährung erst nach Ablauf von 10 Jahren nach Anschaffung der Kryptowährung möglich ist.

Häufig übersehen wird, dass das Lending auch nach Ablauf der Haltefrist zu einer Verlängerung der steuerlichen Haltefrist führen kann (= Steuerfalle). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG. Danach erhört sich bei Nutzung einer Kryptowährung als Einkunftsquelle und Erzielung von Einkünften der Zeitraum auf 10 Jahre.

 

Beispiel

Adam hat 25 Ether am 10.12.2018 zu je 81 Euro erworben. Mittlerweile ist der Kurs erheblich gestiegen und beträgt am 04.01.2021 825 Euro.

Variante 1: Adam hat direkt nach dem Kauf mit dem Krypto-Lending begonnen.

Variante 2: Adam hat erst in 2020, d.h. nach Ablauf der steuerlichen Haltefrist, seine Ether verliehen.

Am 04.01.2021 veräußert Adam seine Ether zu je 825 Euro. Liegt ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG vor?

 

Lösung

Der Verkauf der Ether ist steuerlich unbeachtlich.

Zwischen Anschaffung (10.12.2018) und Verkauf (04.01.2021) liegt mehr als ein Jahr. Der Veräußerungsgewinn in Höhe von 18.600 Euro ist vollständig steuerfrei.

Variante 1:

Der Verkauf der Ether ist steuerpflichtig.

Zwischen Anschaffung (10.12.2018) und Verkauf (04.01.2021) liegt zwar mehr als ein Jahr. Allerdings hat Adam seine Ether direkt nach dem Erwerb als Einkunftsquelle im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG genutzt. Der Veräußerungsgewinn in Höhe von 18.600 Euro ist daher vollständig mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern.

 

Variante 2:

Auch hier dürfte — für viele Anleger überraschend — der Verkauf der Ether wohl steuerpflichtig sein.

Zwischen Anschaffung (10.12.2018) und Verkauf (04.01.2021) liegt mehr als ein Jahr und Adam hat erst nach Ablauf der Haltefrist mit dem Lending begonnen. Nach dem Wortlaut von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG führt aber eine Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr (das auch nach Ablauf der einjährigen Haltefrist liegen kann) zu einer Verlängerung der steuerlichen Haltefrist auf 10 Jahre.

Der Veräußerungsgewinn in Höhe von 18.600 Euro ist somit auch in Variante 2 vollständig mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern.

 

Privatanleger sollten demzufolge darauf achten, das Krypto-Lending nur mit solchen Coins durchzuführen, die nicht absehbar veräußert werden. Alternativ sollte überlegt werden, zunächst die entsprechenden Kursgewinne zu realisieren und danach mit neu angeschafften Coins das Lending zu betreiben. Im Zweifelsfrei bietet es sich an, den Sachverhalt gegenüber dem Finanzamt offenzulegen. Wurde die Angabe entsprechender Veräußerungsgewinne in der Vergangenheit vergessen, kann ggf. noch durch die Abgabe einer Selbstanzeige Straffreiheit erreicht werden.

 

von Rechtsanwalt Martin Figatowski, LL.M. (Tax)

 

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