Lust und Last: Die steuerlichen "Freuden" der Prostitution in Deutschland

18.05.2024

Allgemeine rechtliche Regeln zur Besteuerung der Prostitution
In Deutschland unterliegen Einkünfte aus Prostitution grundsätzlich der Besteuerung, unabhängig davon, ob die Tätigkeit selbstständig oder unselbstständig ausgeübt wird. Hierbei greifen verschiedene Steuerarten, die detailliert im Folgenden erörtert werden.

Einkommensteuer
Selbstständige Prostituierte erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Diese Einkünfte sind in der Einkommensteuererklärung anzugeben und unterliegen der regulären Besteuerung. Die Besteuerungsgrundlagen sind der Gewinn, der sich aus der Differenz von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ergibt. Die Betriebsausgaben umfassen alle Kosten, die unmittelbar mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, wie beispielsweise Miete für Arbeitsräume, Werbung, Arbeitskleidung und Arbeitsmaterialien (z.B. Kondome, Gleitmittel). Auch die in einigen Städten erhobene Vergnügungssteuer (z.B. erhebt die Stadt Köln seit 2004 eine Vergnügungssteuer, die unter anderem für Prostitutionsstätten eine Abgabe von 6 Euro pro Tag und Sexualdienstleister vorsieht) kann als Betriebsausgabe voll abgezogen werden.

Bei abhängiger Beschäftigung, etwa in einem Bordell oder einer Bar, wird Lohnsteuer erhoben. Diese wird vom Arbeitgeber einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. 

Gewerbesteuer
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gelten selbstständig tätige Prostituierte als Gewerbetreibende im Sinne von § 15 Abs. 2 EStG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG). Dies bedeutet, dass sie gewerbesteuerpflichtig sind, sofern ihre Einkünfte den Freibetrag von 24.500 Euro überschreiten. Die Gewerbesteuer wird von den jeweiligen Kommunen erhoben und die Höhe variiert je nach Hebesatz der jeweiligen Gemeinde.

Umsatzsteuer
Prostituierte, die selbstständig tätig sind, gelten als Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG). Sie sind daher verpflichtet, Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf ihre Dienstleistungen zu erheben und abzuführen. Hiervon ausgenommen sind Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG, deren Jahresumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro nicht übersteigt.

Düsseldorfer Verfahren/ Pauschalbesteuerung
Das Düsseldorfer Verfahren stellt ein vereinfachtes Besteuerungsverfahren dar, das zur pauschalen Besteuerung der Einkünfte von selbstständigen Prostituierten dient. Das Düsseldorfer Verfahren kann nur für selbstständige Prostituierte angewendet werden, die in einem Prostitutionsbetrieb tätig sind.

Eine Teilnahme ist nur möglich, wenn der Betreiber eine entsprechende Vereinbarung mit dem zuständigen Finanzamt getroffen hat. Der Tagessatz ist unabhängig von der Höhe der tatsächlich erzielten Einnahmen und wird für jeden Tätigkeitstag erhoben. Die über das Düsseldorfer Verfahren geleisteten Vorauszahlungen werden bei der Festsetzung der individuellen Einkommen- und Umsatzsteuer angerechnet.

Probleme in der Praxis
Ein häufiges Problem in der Praxis ist die Nichtbeachtung der Buchführungspflicht. Dies führt dazu, dass die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abgabenordnung (AO) geschätzt werden müssen. Insbesondere im Rotlichtmilieu bestehen häufig unzureichende Aufzeichnungen über die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben, was die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen notwendig macht.

Wenn Prostituierte ihren steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht nachkommen und keine oder unvollständige Steuererklärungen einreichen, kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Dies geschieht auf Basis von Erfahrungswerten und den im Einzelfall vorliegenden Anhaltspunkten. Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des Finanzgerichts Hamburg (2 K 169/11), in dem die Einkünfte einer Prostituierten aufgrund unzureichender Aufzeichnungen geschätzt wurden.

Urteil des FG Hamburg (2 K 169/11)

In diesem Fall meldete die Klägerin weder Einkommensteuer- noch Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2013 ab. Die Steuerfahndung stützte sich auf Werbungskosten und Annoncen, um die Einkünfte zu schätzen. Ferner wurden bei der Durchsuchung sichergestellt, auf denen die folgenden Preise festgehalten waren:

"30-50 € Eintritt/Start
+ zusätzlich / again  
50 €    Blasen/Blow
100 €  Tittenfick
150 €  GXFuck Pussy
200 €  45 Min
250 €  1 Stunde 1 hour
300 €  P ANAL
500 €  Alles"

Das Finanzamt schätzte die Einkünfte und Umsätze der Klägerin aufgrund der Häufigkeit und Dauer der Annoncen sowie der angegebenen Arbeitszeiten und Preise der Dienstleistungen. Das Finanzgericht reduzierte die Schätzung des Finanzamtes und kam zu folgender Schätzung

  • Arbeitszeit fünf Tage pro Woche
  • durchschnittlicher Verdienst pro Tag 500 €
  • Jährliche Arbeitszeit 240 Arbeitstage
  • Jahresumsatz 120.000 €
  • abzüglich: Miete für Zimmer (240 Arbeitstage x 120 € = 28.800 €) = gerundet 30.000 €
  • abzüglich: Unsicherheitsabschlag für weitere Aufwendungen von pauschal 5.000 €. 

    Ergebnis der Schätzung: gewerbliche Einkünfte in Höhe von 85.000 € jährlich.

Steuerfahndung
Bei Betriebsprüfungen im Rotlichtmilieu kommt es häufig zu Einsätzen der Steuerfahndung. Diese prüft die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort und sammelt Beweise, um die korrekte Versteuerung sicherzustellen. Die Steuerfahndung wird aktiv, wenn Verdacht auf Steuerhinterziehung besteht oder wenn Prostituierte ihrer Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen nicht nachkommen.

Fazit

Die Besteuerung der Prostitution in Deutschland ist durch verschiedene Steuerarten geprägt und folgt den allgemeinen steuerrechtlichen Prinzipien. Selbstständige Prostituierte unterliegen der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer, während angestellte Prostituierte lohnsteuerpflichtig sind. Das Düsseldorfer Verfahren bietet eine pauschale Besteuerungsmethode, um die Erhebung der Steuern zu vereinfachen. Praktische Herausforderungen bestehen in der ordnungsgemäßen Buchführung und der Einhaltung der steuerlichen Pflichten. Missachtung dieser Pflichten führt häufig zu Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen und Einsätzen der Steuerfahndung.

 

Gerne beraten wir Sie zu dem Rechskreis.

 

Von Rechtsanwalt Martin Figatowski, LL.M. (Tax)




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