Gewerbesteueroasen in Deutschland: Steuervorteile nutzen oder riskieren?
27.05.2024
Einleitung
Die Gewerbesteuer stellt eine wichtige Einnahmequelle für die Kommunen in Deutschland dar und trägt maßgeblich zur Finanzierung der kommunalen Aufgaben bei. Die Höhe der Gewerbesteuer wird durch den sogenannten Hebesatz bestimmt, den jede Gemeinde individuell festlegt. Dies führt zu erheblichen Unterschieden in der Steuerlast je nach Standort des Unternehmens.
Im Jahr 2023 zählen zu den Städten mit den niedrigsten Gewerbesteuerhebesätzen in Deutschland Monheim am Rhein (250 %), Leverkusen (250 %), Langenfeld (270 %) und Zossen (270 %). Diese niedrigen Sätze machen diese Städte zu attraktiven Standorten für Unternehmen, die ihre Steuerlast optimieren möchten.
Der Ort der Geschäftsleitung als entscheidender Faktor (§ 10 AO)
Geschäftsleitung ist nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Dieser Mittelpunkt liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebliche Wille gebildet wird. Regelmäßig ist das der Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit entfalten, d.h. an dem sie die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich Drucksache. Die Prüfung und Entscheidung über das Vorliegen einer (Geschäftsleitungs-) Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO hängt damit entscheidend von den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls ab
Scheinsitz genügt nicht
Ein Scheinsitz, der lediglich dazu dient, von niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen zu profitieren, genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass der deklarierte Ort der Geschäftsleitung auch tatsächlich als solcher genutzt werden muss. Es reicht nicht aus, nur eine Adresse oder ein sogenanntes „Virtual Office“ zu haben, ohne dass dort tatsächlich die geschäftlichen Aktivitäten stattfinden.
Steuerstrafverfahren wegen Gewerbesteuerhinterziehung
Wenn ein Unternehmen einen Scheinsitz angibt, der nicht den Anforderungen des § 12 AO entspricht, und dadurch eine niedrigere Gewerbesteuerlast erlangt, kann dies den Tatbestand der Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO erfüllen.
Steuerhinterziehung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Zudem müssen Unternehmen damit rechnen, dass die Finanzbehörden im Rahmen von Außenprüfungen und Betriebsbesichtigungen die tatsächlichen Verhältnisse überprüfen.
Besonders kritisch sind Umzüge von bereits bestehenden Unternehmen, da hier die Finanzbehörden genau prüfen, ob der Ort der Geschäftsleitung tatsächlich verlegt wurde. Besteht der Verdacht einer Steuerstraftat, kann es zu Steuerfahndungsprüfungen kommen, die zu empfindlichen Strafen führen können.
Fazit
Die Nutzung von Gewerbesteueroasen kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn die gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten werden. Unternehmen müssen sicherstellen, dass der angegebene Ort der Geschäftsleitung tatsächlich genutzt wird und nicht nur auf dem Papier existiert. Andernfalls drohen nicht nur Steuernachzahlungen, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen.
Gerne beraten wir Sie zu diesem Rechtskreis.
Von Rechtsanwalt Martin Figatowski, LL.M. (Tax)
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